European Memory Conflicts

Die EU wird von den Bürgern Europas immer noch eher als Objekt von Administration und Technokratie und weniger als handelndes Subjekt wahrgenommen, an welchem sie Anteil hätten oder mit welchem sie sich identifizieren könnten. Siebenundzwanzig Nationen vereint in einer demokratischen Europäischen Gemeinschaft – das erscheint unmöglich, bleibt die politische Sozialisation der Bürgerinnen und Bürger doch den jeweiligen nationalen Traditionen verhaftet. Dieses Dilemma ist aber nicht nur dem Fehlen einer europäischen Kommunikationsgemeinschaft geschuldet sondern wurzelt auch in unterschiedlichen kollektiven Gedächtniskulturen und Erinnerungskonflikten. In einem zusammenwachsenden Europa erscheint dies als Anachronismus.

Ziel des vom Jean Monnet Centrum (CEuS) und Studiengang ‘Integrierte Europastudien’ (IES) getragenen Projekts eines europäischen Lehrmoduls ist es, europäische Erinnerungskonflikte zum Gegenstand neuer intermedialer Lehrmethoden und Instrumente interkultureller politischer Kommunikation zu machen, welche a) diese auch für jüngere Generationen subjektiv sowohl kognitiv als auch affektiv erfahrbar werden läßt, b) dem Abbau von Feindbildern und Vorurteilen dienen, und c) gesamteuropäische „Brücken-Narrative“ als Voraussetzungen für eine demokratische politische Kultur entwickeln helfen.

Als Ergebnis soll ein bislang noch nicht existierendes Europäisches Lehrmodul entwickelt werden, das drei Komponenten umfasst: A) Eine multi- und intermedialen Topographie exemplarischer „europäischer Gedächtnisorte“, anhand welcher sich bis in die Gegenwart hinein wirkende europäische Erinnerungskonflikte lokal erfahren und multiperspektivisch reflektieren lassen (siehe: ‘Topographie europäischer Erinnerungskonflikte’); B) Die methodische Anwendung von Übersetzungstheorie und multikulturell-deliberativen Demokratietheorien als Grundlagen für multiperspektivische Lern- und Dialogansätze; sowie C) deren praktische Einübung mittels transnationaler Rollenspiele und Simulationen praktisch eingeübt werden können.

Die beabsichtigte Wirkung dieses Europäischen Lehrmoduls soll sein, unterschiedlichen gesellschaftlichen Multiplikatoren-Gruppen (Studierenden, Erwachsenenbildnern, Lehrern, Journalisten, zivilgesellschaftlichen Organisatoren) Wissen und praktische Fähigkeit zu vermitteln, die in Folge der Totalitarismen und Gewaltexzesse des 20. Jahrhunderts national fragmentierten Narrative und polarisierten Konfliktstrukturen zu erkennen und Lösungsansätze multiperspektivisch zu reflektieren und praktisch auszuhandeln. Es verkörpert insofern einen Beitrag zur Erneuerung des zivilisatorischen Modells Europas als dass subjektive Fähigkeiten des Umgangs mit europäischer Mehrsprachigkeit und interkultureller Übersetzung gestärkt werden. Nicht essentialistische Festlegungen sondern die Verschiedenartigkeit der europäischen Erinnerungskulturen wird zum Kristallisationspunkt des multi-demokratischen Europa.

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie unter http://www.memories.uni-bremen.de.